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Deutsche Bratswurst

Die ersten Bratwürste der Welt

Die Gretchenfrage: Kommt der erste Nachweis von traditionellen Bratwürsten aus Thüringen oder Katzenelnbogen?

 

 

 

Artikel von Redakteur Andreas Nöthen am 13.02.2008 in der Rhein-Lahn-Zeitung

Wiege der Bratwurst?
Einrich könnte bald eine Attraktion mehr haben.
Von wegen Wurst - müssen die kulinarischen Geschichtsbücher neu geschrieben werden? Ja. So lautet zumindest die Antwort des Katzenelnbogeners Werner Mohr. Für ihn geht es um die Wurst - die Bratwurst, genauer gesagt.
- KATZENELNBOGEN -
Diese Entdeckung wird an den Würstchenbuden und Bratwurstständen zwischen Flensburg und Garmisch einschlagen wie eine Bombe. Denn der Katzenelnbogener Werner Mohr glaubt herausgefunden zu haben, dass die älteste urkundliche Erwähnung Bratwurst nicht wie bislang angenommen aus Thüringen stammt, sondern aus Katzenelnbogen. Demnächst könnte es im Imbiss heißen: "Eine Einricher oder Katzenelnbogener, bitte."
Eigentlich hatte Mohr nur seinem Sohn bei den Hausaufgaben helfen wollen. Worte musste der neunjährige Frederic schreiben üben, darunter auch das Wort "Bratwurst". Und dieses warf weitere Fragen auf. Schnell tauchte Mohr in die Materie ein, suchte zunächst im Internet, danach in Archiven. In den "Regesten" der Grafen von Katzenelnbogen, eine Art Merkbuch mit mehr als 6000 historischen Belegen, wurde er fündig.
- Eintrag in das Zollbuch -
In der Jahresrechnung des Zollschreibers von st. Goar aus dem Jahre 1410 wird eine Schiffsladung Bratwürste erwähnt (Wert: 1 Gulden), die gemeinsam mit Wein, in Richtung Köln verschifft wurde. Für Mohr der eindeutige Beleg dafür, dass die älteste Erwähnung der Bratwurst in der damaligen Grafschaft Katzenelnbogen war. Gäbe es da nicht eine sechs Jahre ältere Erwähnung. Diese stammt aus dem Jahre 1404 aus Thüringen. Darin werden unter anderem die Zutaten beschrieben, die für die Herstellung von Bratwurst nötig waren. Allerding, bemerkt Mohr spitzfindig, werde darin lediglich der Darm erwähnt, also die Pelle. Nicht jedoch die fertige Bratwurst.
- Bratwurstmuseum kontert -
Im thüringischen Bratwurstmuseum in Wachsenburggemeinde sieht man das etwas anders. Dort wertet man die Quelle aus dem Jahr 1404 eindeutig als wasserdicht und von Historikern anerkannt. Was diese für Thomas Mäuer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins "Freunde der Thüringischen Bratwurst", besonders macht, ist die gleichzeitige Erwähnung von Senf und Wecke, also Brötchen. "Das lässt darauf schließen, dass die Bratwurst in ähnlicher Weise genossen wurde wie heute", sagte Mäuer.
Allerdings: Allzu ernst nehmen es die Thüringer Bratwurstfreunde nicht. "Ausgeschlossen wäre das aber nicht, schließlich gab es die Bratwurst schon bei den alten Römern". Und die kurz aufeinander folgenden Erwähnungen schließen nicht aus, dass nicht irgendwann sogar tatsächlich eine geringfügig ältere Erwähnung auftauchen könnte.
Denn gerade diese Zeit hatte es, was die gesellschaftlichen Fortschritte anging, durchaus in sich. Werner Mohr bezeichnet das Spätmittelalter deshalb auch als "Wirtschaftswunderzeit". Die Lebensbedingungen der breiten Bevölkerung verbesserten sich deutlich, die berufliche Diversifizierung ließ neue Berufszweige entstehen.
Außerdem könnten die Katzenelnbogener Bratwürste dem Dialekt zum Opfer fallen. Die Tatsache, dass diese in Fässern transportiert worden seien, könnte die Schlussfolgerung zulassen, dass es sich um Dauerwürste gehandelt haben könnte. "In Nordthüringen werden auch Dauerwürste als Bratwürste bezeichnet."
Für die Thüringer Bratwurst ändere sich dadurch freilich nichts. Und auch Werner Mohr ist´s im Grunde "wurscht". Aber es muss sich um eine echte Delikatesse gehandelt haben, denn sonst wären sie sicher nicht mit Wein gemeinsam bis nach Köln transportiert worden", sagt der Mann, der aus einer Gegend stammt, die ebefalls eine stolze Bratwursttradition vorzuweisen hat: Nürnberg. Er hat zumindest klare Vorstellungen, wie die Würste ausgesehen haben. "Nicht so dick wie eine Pfälzer, nicht so kurz wie die Nürnberger." Kai Huber, Metzgermeister aus Katzenelnbogen, ist trotz 145-jähriger Metzgertradition kein Rezept einer Katzenelnbogener Bratwust überliefert. Er findet die Idee allerdings höchst interessant. "Man könnte die etwa schlachtfrisch zubereiten, so wie das früher auch üblich war."
Auch wenn´s letztlich nicht klappen sollte mit der ältesten Bratwurst, Interesse, den Bratwurstäquator gen Westen in den Einrich zu verlängern, besteht in Thüringen allemal. "Wir nehmen den Eintrag gern ins Archiv unseres Museums auf", geht Thomas Mäuer mit offenen Armen auf Werner Mohr zu. "Damit rennt man bei uns offene Türen ein." Und warum nicht einen gemeinsamen Stand bei den 2. Catzenelnbogener Ritterspielen (31. Mai- 1. Juni) und dort Katzenelnbogener Bratwürste und Spiele rund um die Bratwurst anbieten? "Kein Problem", sagt Mäuer, "wir haben auch historische Kostüme und kommen gerne, wenn man uns dazu einlädt." Für den eingefleischten Bratwurst-Fan Werner Mohr dürfte dies sicherlich auch kein Problem darstellen, und die Spiele wären um eine Attraktion reicher.
Andreas Nöthen

Ausgabe der Rhein-Lahn-Zeitung mit dem Artikel über Werner Mohr mit katzenelnbogener Bratwürsten - zu Vergrößerung benutzen sie die Tastenkombination Strg+Werner Mohr mit katzenelnbogener Bratwürsten

 

Offizielles Ergebnis für Hessen und Rheinland-Pfalz:

am Zoll zu St. Goar wurden 1410 Bratwürste aus der Region für 1 Gulden nach Köln verschifft.

Die Originalschrift finden Sie hier!

Zurecht werden Kritiker einwerfen, dass es schon zu Homer´s Zeiten gebratene Würste gab und sogar aus der Römerzeit in Trebur ein geschmiedeter Eisenrost zum Braten von Würsten gefunden wurde. Doch hier handelte es sich um Rezepte mit Fischsud, Nüssen, Früchten und Innereien.

2010 feiert Katzenelnbogen das 600 jährige Jubiläum der regionalen Spezialität.

1443 wird in Groß-Gerau ein Landgerichtstag abgehalten bei dem Bratwürste des Gerhard Falk zu Berkach gestohlen wurden.

8. Gerhartz Falk zu Berkach hat gezegen Gerhart Salmen habe yme sin brotworste von syner deyßen gestoln, uff lumunt. Salman hat sin recht gethan. (6295.164)

 

Nürnberger Polizeiordnung aus dem 13 bis 15 Jahrhundert.

"Von den Würsten

Es sollen alle fleischhacker und fleischhackerin, die ye zu zeiten schwein stechen, püren oder würst machen, weder durch sich selbst oder eehalten oder gewalt in allerley würste nichtz annders einhacken noch geprauchen dann von schweineim fleisch, on schwarten, auch keinerley würste verkauffen oder auss irem gewalt komen lassen, es seyen dann dieselben durch die geschworen meister beschawet und rein und rechtvertig erfunden, bey der puss von einem yeden uberfaren stuck v pfund newer haller.
Sye sollen auch hinfür alle protwürste unndter den fleischpenncken sichtlich aufhenncken, wie von allter herkomen ist, bey der puss ein pfund newer haller.
Es sollen alle pratwürste dermassen gemacht werden, das ye vier pratwürst am gewicht ungeverlich ein pfund hallten, und sollen das pfund umb iiij dl geben doer ein wurst umb ein d., dso ymand unter einem pfund kauffen wolt, und sollen auch sollichen kauff dermassen nyemandt versagen, Was sie aber solicher pratwürst den kochen oder würten machen, der sollen ungeferlich fünff ein pfundt wegen. Doch sollen sie derselben würste ausserhalb der kochen und wirte weder unter den fleischpenncken noch sunst yendert vail haben oder verkauffen.
Sie sollen auch zu den prat- und allen anndern würsten annder darm nit nemen oder gepauchen dann schwinin darm oder junck rinderin, die nicht eingesaltzen sind. Dann wer solicher stuck eins oder mer uberfure, der sol von yedem derselben stuck zu einer yeden uberfaaren fart gemeiner stat zu puss verfallen sein und geben zwey pfund newer haller.
Es sollen auch leberwürst und rosenwürst nicht annders dann in schweinin derme gefült und nicht annders dann noch dem gewicht verkaufft, und ein pfund leberwürst umb iij dl., und ein pfund rosenwürst, die alle bey zimlicher vaysten seyen, umb v haller und nicht hoher gegeben werden, bey der puss zweypfund newer haller von einer yeden uberfarn fart.
Nachdem den fleischhackern, die do schwein pruen und stechen, die leberwürst und rosenwürst nach dem gewicht zuverkauffen gesatzt und geboten ist, untersteen sich etlich, küewürst zu machen und darein nichts annders dann küelungen und lebern ze thunde und die ungewegen nach dem gesicht zuverkauffen, also das dieselben ye zu zeiten hoher dann die weinnyn wurst nach dem gwicht hinkommen und gegeben werden, so setzen unser herren vom rate, das hinfür soliche küewürste nit annders dann nach dem gewicht verkaufft und ein pfund nit über einen pfenning gegeben, auch edie annderswo nyndert dann auff dem sewmarckt vailgehabt und verkaufft werden sollen, bey pene einer yeden uberfaren fart und von einem yeden stuck ij pfund newer haller. "

 

 

 


1708 behauptet der "Neuvermehrte Curieuse Antiquarius" des Herrn Berckenmeyers, dass die Bratwust eine Erfindung aus dem norditalienischen Cremona, (verwandtschaftlich gebunden an Katzenelnbogen - übereinstimmende Gemeinsamkeit: märchenhafter Reichtum) sei. Eine Unmöglichkeit die ältesten Urkunden ausfindig zu machen nötigte damals dazu nur den Wettstreit um die beste Bratwurst unter den thüringischen Städten auzutragen. Der Simplizissimus von Grimmelshausen bezeichnet Bratwürste als Nationalgericht! Sie einem heute vergleichbaren Bundesland zuzuordnen ist vermessen, da eine Unterteilung  in Hessen und Thüringen als eigenständige Territorialgebilde noch nicht bestand. 1522 war zu Oschatz das Essen von Bratwürsten an St. Johannistag aus unbekannten Gründen verboten und wurde mit Gefängnis geanhndet. Wie in Wien, wo zwar nach heutigen Richtlinien undiskutable, aber für damalige 1548 hohe Reinlichkeitsstandards mit fließendem Wasser und regelmäßiger Fleischbeschau fur eine "gesunde Qualität" sorgten gab es auch in Frankfurt ein Metzgerviertel, die Schirn, bei der die Stadt o.a. Besitzer ihre Bänke "Schirne" verpachteten an denen die Würste verkauft und gebraten wurden.

Wie sah die Wurst damals aus? Kastanienbraun, von saftiger Konsistenz mit Kümmel gewürzt.

Was war die Besonderheit: 1529 findet man in der münchner Fleischordnung Bratwürste aus Brät, reinem Fleisch ohne Fett. gesalzen und gepfeffert und mit gerebeltem Majoran verfeinert.

Der Erfolg der Bratwurst lag im aussergewöhnlichen Wirtschaftswachstums des Spätmittelalters begründet, das es erlaubte Luxusprodukte zu erfinden und zum Erfolg zu führen. Würste mit besonderen Gewürzen und besonderer Qualität. Wenn sich das Produkt dann etablierte sank dann logischerweise der Preis. Besonders häufig treten die Frauen der Metzger als Wurstmacherinnen auf. Die Rezepte wurden von den Metzgern, deren Name von lateinisch Darm herrührt, streng gehütet. Geheimnisverrat dagegen endeten mit langen Gefängnisstrafen und oft mit dem Tod. Die Speise, die mit edlen Gewürzen hergestellt wurde, zählte zu den Delikatessen, die Rezeptur als schönste aller Erfindungen geehrt.

Später in vielen Hungerzeiten machte Not wieder erfinderisch und förderte Bratwurstrezepte  mit allen verfügbaren Streckmitteln, darunter sogar Brot in großen Mengen.

 

Francesco Berni lobt die Bratwurst in seinem Gedicht, um 1500:

"Aber unter allen ausgezeichneten und guten Bissen, Caino, finde ich, gibts keinen, der der Wurst gleich oder überlegen wäre. Gut ist sie warm und kalt, gesotten und gedörrt, vor der Mahlzeit und danach, und im Winter hilft sie mehr als ein gutes Feuer und der Pelz. Wenn man sie braucht, ist sie immer gleich da: man verkauft sie, kocht sie mit Lorbeer, weil sei würdig ist, bekränzt zu werden. Dem Jäger ist sie eine große Stärkung, Wurst und Brot entsprechen einander wie Traube und Wein, wie Spieß und Wunde. Da gibts keinen Knochen, den man dem Hund hinwerfen muß, und eine Scheibe Wurst ist mehr noch, als Pfefferkuchen und Marzipan. Sie hat jenes weiche Mark, zart, knusprig und würzig, die Rinde resch und köstlich. Da kann man sich die Händ´ nicht bloß die Finger lecken...Ein einziges Scheibchen Wurst, dazu sechs Beeren einer Traube: geben für den Gaumen eine Mischung, dass ich nichts besseres und Schöneres weiß. Ganz abgesehen, sie kostet wenig; und notwendiger ist sie für den Landmann als der Becher Wein im Sommer, als der Fächer. Sie dient zum Salat, ist gut zu tausend Dingen, zu tausend Diensten, und schnell brät man sie auf einer Flamme und zwei Funken. Aber es gibt eine Art, die man sich merken muß, wie man sie ohne Flamm und Feuer zubereitet, ein Schulmeister wandte oft sie an: Er hielt sich keinen Koch, zwei gute Ziegelsteine am nachbarlichen Ofen macht er glühend und obendrauf rollt er die Wurst dann hin und her, brät sie in kurzer Zeit:

O Schönste aller Erfindungen!

So bekommt er seine Wurst gebraten, wärmt sich die Hände, leckt sie ab und schwelgt er in Wurst und triumphiert als Feinschmecker. Wurst macht den Schinken überflüssig, wenn sie gekocht ist. Sie gibt Gewürz zu Saucen und Ragouts und ist höchst nürzlich auch allein genossen.Ohne Wurst wärn Krammetsvögel, Amseln, alle Sänger wie Trüffeln ohne Pfeffer, wie Konfekt ohne Zucker. Zu diesen Wald- und Heckenwohnern wird sie zur bess´ren Füllung zugelegt wie unter andre Suppenkräuter Mastixkraut. Man braucht die Wurst nicht mehr, nicht weniger, als den Dreifuß des Kessels, den Stößel, den Mörster, die Sauce zu rühren. Wurst ist keine Mahlzeit für die Gesindestube, sondern für reiche Herren und Prälaten, die sich gerne am Wurstdarm weiden. "

 

Einige altertümliche Sprichwörter:


"im Januar ist gut Bratwürst essen und Könige krönen!"
"auch gäbe ich das ganze ägäische Meer mit Vergnügen für eine Bratwurst her"


Das Metzgergewerbe war sehr angesehen und der Okkultist und Troubadour und Vielfraß Erique de Villena (+1434) beschreibt schon im ersten spanischen Kochbuch dem Arte Cisoria eine Fülle an Leckereien wie Fleischpastetchen, Blätterteiggebäcken, Käse, gefüllten Windbeuteln.