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Die Geschichte des Grafenhauses
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Geschichte der Grafschaft nach Jahreszahlen

Chronik von Katzenelnbogen, Nassau, Diez, Sponheim, Hessen, Wittelsbach, Westerburg, Isenburg, Leiningen, Eppstein, Solms, Bolanden, Falkenstein, Sayn, Veldenz, Wied, erweitert mit klimatischen, sozialen und politischen Ereignissen der Zeit und im verwandtschaftlichen Umfeld auf Basis von K.E. Demandt rund um die Reichsstadt Frankfurt.

 

 

Die Herkunft der Katzenelnbogener ist ungeklärt. Sie treten uns zuerst in Kloster Siegburger Urkunden des 11. Jahrhunderts mit Diether I entgegen und scheinen ihren ältesten Sitz im Einrich auf der Altenburg bei Egenroth gehabt zu haben, an deren Fuß sie im 12.Jahrhundert ihr Hauskloster Gronau gründeten. Jedoch können diese Altenberg-Gronauer Besitzungen und Rechte nicht bedeutend gewesen sein, denn die Machtgrundlage, auf der sich das Geschlecht festigte, boten ihm die zusätzlich erworbenen Vorgteirechte. Es handelte sich hierbei um solche des Klosters Prüm über St. Goar, die die Katzenelnbogener zunächst als Untervögte der Arnsteiner Grafen innehatten, um Kloster Bleidenstadter Vogteirechte im Dörsbachtal und um die Vogtei über die mainzischen Besitzungen um Kemel. Alle drei Gebiete schützten sie in der Folgezeit durch eine Burg und nannten sich seit 1102 nach der von ihnen um 1095 im Bleidenstadter Vogteigebiet errichteten Burg Katzenelnbogen.
Ihren politischen Aufstieg verdanken die Katzenelnbogener jedoch einer weit größeren Macht, dem staufischen Kaiserhaus. 1138 führen sie erstmals den Grafentitel, den Heinrich II von Katzenelnbogen als Erbe der Grafschaft im Kraichgau, übernehmen konnte, nachdem er auf Grund naher persönlicher auch in enge politische Beziehung zu König Konrad III. getreten war. Seitdem blieben die Grafen mit den Staufern verbunden, die sie oft in wichtigen Stellungen und Missionen verwendeten. König Konrad III berief 1141 Philipp von Katzenelnbogen zum Bischof von Osnabrück und Kaiser Friedrich I 1174 Hermann von Katzenelnbogen zum Bischof von Münster. Dieser hat sich als einer der fähigsten Diplomaten des Kaisers erwiesen und ihm vor allem in der auswärtigen Politik des Reiches vom Italienzug des Jahres 1162 an bis zum Kreuzzug des Kaisers 1189 wichtigste Dienste geleistet. Er blieb auch dem Sohn Barbarossas, Kaiser Heinrich VI eng verbunden und hat dadurch seinem Bruder Diether den Weg an die Spitze der Reichsverwaltung geebnet, denn Diether war Kanzler des Kaisers, starb aber schon auf dessen Italienzug 1191. Hermann eröffnete auch das Orientkapitel in der Geschichte des Katzenelnbogener Grafenhauses. Nachdem er 1189 am Kreuzzug Kaiser Barbarossas teilgenomnmen hatte. (Er gehörte zu dessen Vorauskommando als Chef der diplomatischen Mission des Kaisers an den Hof Kaiser Isaak II Angelos von Byzanz), folgte auch sein ihm nahestehender Neffe Graf Berthold II den Kreuzfahrerrufen und nahm seit 1202 am vierten Kreuzug teil. Er hat ein bewegte Leben in Griechenland, auf dem Balken und im Vorderen Orient geführt und ist dabei zu hohem politischen Ansehen und im Rahmen des lateinischen Kaiserreiches zeitweise sogar in den Besitz einer Königstochter und –witwe und einer eigenen Grafschaft im nördlichen Griechenland gelangt. Hermann und Berthold sind mindestens vier weiteren Katzenelnbogener Grafen als Orientfahrer nachgezogen. Der letzte von ihnen, Graf Philipp der Ältere, hat von seiner Fahrt in den Jahres 1433/34 ein Tagebuch hinterlassen, das als eines der ersten deutschen Orientreisebücher und Führer zu den heiligen Stätten Palästinas berühmt geworden ist. Diese äußerst einflußreichen Stellungen und weitreichenden Beziehungen der Katzenelnbogener Grafen wirkten sich naturgemäß auch in territorialer Hinsicht aus, so daß ihnen das kaum Glaubliche glückte, im späten Mittelalter in den Mittelrheingebieten, als diese territorial längst aufgeteilt und vergeben schienen, eine eigene mächtige Grafschaft aufzubauen. Ihre schmale Ausgangsbasis zwischen Taunus und Lahn erweiteren sie um 1160 durch Erwerb der Grafschaft des Einrichs, die sie gemeinsam mit den Nassauer Grafen von den Isenburgern aus dem Erbe der Grafen von Arnstein kauften. Aus dem Arnsteiner Erbe fiel den Katzenelnbogener Grafen um 1185 auch St .Goar vollständig zu. Diese wichtige Rheinzoll- und Fährstelle schützten sie zunächst durch Burg- und Befestigungsbauten in St. Goar, bis sie 1245 die machtvolle Burg Rheinfels errichten, während zur Sicherung ihrer Stellung auf dem östlichen Einrich um Kemel bereits um1190 Burg Hohenstein über der Aar (gegen die andringenden Nassauer Grafen ) entstanden war. Bis ins 12 Jahrhundert reichen wohl auch die Besitztrechte der Grafen in der späteren Obergrafschaft um Darmstadt, Bessungen und Groß Gerau zurück, die sie als Lehen des Bistums Würzburg innehatten und wohl kaiserlicher Intervention und Huld verdankten, doch sind sie hier erst seit 1222 bezeugt. Diesen Besitz in der Rhein-Main-Spitze vermochte Graf Diether V wesentlich zu vergrößern, da ihm der staufische Gegenkönig Wilhelm von Holland als Preis für seinen Übertritt 1249 die altberühmte Pfalz Tribur mit dem zugehörigen umfangreichen Reichsbesitz überließ. Seinen Sohn Graf Wilhelm I vermählte Graf Diether V mit einer Isenburgerin, die dem Katzenelnbogener Haus 1276 den isenburgischen Besitz um St. Goarshausen zubrachte. Er war besonders wertvoll, weil er den Zusammenhalt der Katzenelnbogener Herrschaftsgebiete auf dem Einrich und ihre Verbindung mit dem linksrheinischen St. Goars Rheinfels weiter festigt. Die im 14. Jahrhundert fast unmittelbar nebeneinander errichteten Burgen Reichenberg 1320 und Neukatzenelnbogen 1370 unterstreichen die Bedeutung dieser Landbrücke für die Niedergrafschaft. Zugleich aber macht die Namensübertragung Katzenelnbogen vom Einrich an den Rhein deutlich, dass diese Doppelstellung Rheinfels – Neukatzenelnbogen zum neuen Mittelpunkt der Grafschaft bestimmt war. Damit hatte das Grafenhaus unmittelbar Anschluß und durch seine große Zollstelle St. Goar erheblichen Einfluß auf die größte westeuropäische Verkehrslinie des späten Mittelalters gewonnen.
Den weiteren ständigen Aufstieg des Hauses vom Ende des 13. bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts sicherten die immer wieder erneuerten Reichsdienste der Katzenelnbogener Grafen und ihre sich daraus ergebenden nahen und politischen und persönlichen Beziehungen zu den deutschen Königen und den rheinischen Kurfürsten. Das gilt insbesondere für Graf Eberhard I. Er hat zwar mit seinem älteren Bruder Graf Diether V um 1260 die Grafschaft auf Nutzung, aber nicht tot- geteilt und eine eigene, erst 1403 wieder erloschene jüngere Katzenelnbogener Linie begründet; aber er hat die dadurch verursachte Schwächung der Grafschaft durch seine großen reichs- und territorialpolitischen Verdienste mehr als wettgemacht. Im Gegensatz zu seinem Bruder Diether V, der rücksichtslos und erfolgreich die Schwäche des Reiches unter den staufischen Gegenköingen und im Interregnum in seinem Interesse ausnutzte, war Eberhard unter drei deutschen Königen die stärkste und sicherste Stütze der Reichsgewalt am Rhein. Nachdem er 1275 in die Dienste König Rudolfs von Habsburg getreten war, wurde er bald einer seiner bewährtesten Räte. Ebenso hatte Graf Eberhard zeitweise starken Einfluß auf die Politik König Adolfs von Nassau, dessen Onkel er war, und ist schließlich auch von Adolfs Gegner und Überwinder, König Albrecht, dem Sohn König Rudolfs von Habsburg, in seiner Stellung bestätigt worden, da er inzwischen wegen seiner politischen Erfahrung und Befähigung unentbehrlich geworden war. Dieser Stellung entsprachen seine eigenen territorialen Gewinne (endgültig Tribur, Anteil am Bopparder Reichszoll, Burg, Stadt, Zoll und Silberschürfrecht zu Braubach, Burg Stadecken). Dabei hat Eberhard seine Macht keineswegs auf Kosten des Reiches unbillig ausgenutzt; er hat ihm vielmehr langjährige und unermüdliche Dienst geleistet, die sich für ihn in der rheinischen Reichspolitik seiner Zeit konzentrierten, deren unverrückbare Grundfeste er jahrzehntelang in seiner weitreichenden Oppenheimer Amtsstellung bildete. Von hier erstreckte sich sein Einfluß auf Grund königlicher Spezialmandate und Prokurationen zeitweise über die Wetterau bis nach Fulda und über Oberschwaben bis nach Zürich. Er war der letzte bedeutende weltliche Vertreter der Reichsinteressen am Mittelrhein, der in beamteter Stellung tätig war.
Diese Reichsbeziehungen haben die politische Stellung des Katzenelnbogener Grafenhauses auch während des ganzen 14. Jahrhunderts bestimmt. Graf Diether VI leistete Kaiser Heinrich VII auf seinem Romzuge in dessen engster Umgebung wertvollen Beistand und erhielt dafür außer Stradtprivilegien das kaiserliche Geschenk von zwölf Judenfamilien; wie denn die Grafen schon seit dem 13. Jahrhundert enge geschäftliche Beziehungen zu den damaligen rheinischen Geldhändlern, den Lombarden, Kawerzen und Juden, pflegten. Nach Heinrichs Tod diente Diether VI Friedrich dem Schönen von Österreich, war 1314 bei dessen Krönung in Bonn zugegen und geleitete den König zum Hoftag nach Basel, wo er im Turnier fiel.
König Johann von Böhmen aus dem Hause der Luxemburger, der tatkräftige Sohn Kaiser Heinrichs VII und Vater Kaiser Karls IV, gewann 1324 Graf Eberhard III von Katzenelnbogen für seine Dienste und vermochte 1339 auch Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen, den und dessen Vetter Johann II bisher König Ludwig von Bayern begünstigt hatte, von diesem Gegner des luxemburgischen Hauses ab- und auf seine Seite herüberzuziehen. Im Kampfe zwischen Ludwig dem Bayern und Karl IV um die deutsche Krone hat König Johann von Böhmen 1346 schließlich auch noch Graf Johann II von Katzenelnbogen gewonnnen und 1349 verbanden sich mit Graf Wilhelm II auch dessen Bruder Eberhard V mit Karl IV. So sehen wir die Katzenelnbogener 1346 auf dem Zuge Karls IV gegen Lüttich, 1349 bei dessen Krönung in Aachen und 1356 auf den Reichstagen zu Nürnberg und Metz bei dem Abschluß des Reichsgrundgesetztes, der Goldenen Bulle, zugegen. Und während Graf Diether VIII 1376 an der Krönung von Karls IV Sohn Wenzel in Aachen teilnahm, war gleichzeitig Graf Eberhard V führendes Mitglied der Gesandtschaft Wenzels an Papst Gregeor, um mit diesem über Salbung, Weihe und Krönung des Königs zum Kaiser zu verhandeln.
Diese engen luxemburgisch-böhmischen Beziehungen der Katzenelnbogener Grafen lockerten auch die Verpfändung Luxemburgs durch König Wenzel an den Markgrafen Jost von Mähren nicht; sie erfuhren vielmehr unter ihm ihre höchste Steigerung. 1394 bestellte er unter Zustimmung König Wenzels Graf Diether VIII von Katzenelnbogen zum Hauptmann von Luxemburg und erteilte ihm 1395 noch einen Sonderauftrag zum Schutze des Landes gegen den Grafen von St. Paul. Graf Diether VIII schlug dessen Angriff ab und verwaltete das Land so gut, dass Markgraf Jost Ende 1395 Graf Diethers VIII Vollmachten nochmals erweiterte; jedoch kam dieser dabei nicht auf seine Kosten, so daß er 1398 die luxemburgische Statthalterschaft niederlegte und stattdessen im Auftrage König Wenzels die Reichsvogtei in der Wetterau übernahm, in der ihn 1402 Hermann von Rodenstein ablöste. Auch Graf Diethers Sohn Graf Johann IV vermochte die ihm hinterlassene Forderung seines Vaters von nahezu 20000 Gulden an das Land Luxemburg trotz langer Bemühungen nicht beizutreiben. Sie bildeten daher noch unter Graf Johanns IV Sohn Graf Philipp dem Älteren von Katzenelnbogen Gegenstand einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit den Herzögen von Burgund als den damligen Inhabern Luxemburgs, wovon auch eine ganze Anzahl burgundischer Städte wie Löwen, Brüssel, Mecheln und Utrecht betroffen wurden.
Trotz dieser weitreichenden politischen Verpflichtungen und Belastungen hat die Verwaltung der Grafschaft und die Wahrung und Mehrung ihres Besitzstandes niemals darunter gelitten. Besonders Graf Wilhelm I, der 55 Jahre lang regierte, war ein genauer und guter Verwalter seines Besitzes. Noch im Laufe des 14. Jahrhunderts ist die katzenelnbogische Finanzverwaltung geradezu mustergültig ausgebaut worden. Der Zersplitterung seiner Grafschaft durch Teilungen beugte Graf Wilhelm I dadurch vor, dass er schon 1331 das Majorat einführte. Dazu hatte ihn wohl vor allen Dingen das Schicksal der katzenelnbogischen Stammburg veranlaßt, die infolge ungeschickter Besitzabteilung 1326 in nassauische Hände gelangt war, was erstmals zu größeren Streitigkeiten mit den nassauer Grafen führte. Sie dauerten an, bis die hartnäckig betriebene Zurückerwerbung 1350 Erfolg hatte, setzten sich aber kurz darauf im Kampf um die Grafschaft Diez fort.
Das Verhältnis der Katzenelnbogener zu den Nassauer Grafen, das sich infolge der intensiven politischen Tätigkeit beider Geschlechter im selben Raum seit dem 13. Jahrhundet mehr und mehr verschlechtert hatte, wuchs sich nunmehr im 14. Jahrhundert vor allem auf Grund des Streites um die Burg Katzenelnbogen und die Grafschaft Diez während des Erlöschens des Diezer Grafenhauses zur offenen Feindschaft aus. Einen neuen Streitpunkt bildete der geschickt durchgeführte Ankauf des größten Teiles der nassau-hadamarschen Teilgrafschaft 1403 durch Graf Johann IV von Katzenelnbogen, den ihm seine Stiefmutter, die letzte nassau-hadamarer Gräfin, ermöglichte. Diese Lage nutzten die hessischen Landgrafen aus, da sie von den Dillenburger Grafen bereits im Sternerkrieg und den anschließenden Fehden wegen der Verluste von Itter und insbesondere von Driedorf angegriffen worden waren. Die Landgrafen von Hessen hatten nämlich das von ihnen lehnsabhängige Amt Driedorf nach dem Erlöschen der Nassau-Hadamarer Linie eingezogen und es nicht mehr an Nassau, sondern 1398 zu zwei Dritteln an Katzenelnbogen gegeben. Der jahrelange Kampf Graf Johanns IV von Katzenelnbogen mit Graf Johann I von Nassau–Dillenburg um die hadamarschen Gebiete und Rechte führte Hessen und Katzenelnbogen im Vertrag vom 21. November 1410 schließlich ganz zusammen. Von Hessen zugleich als Instrument seiner antimainzischen Politik gehandhabt, von Katzenelnbogen zur Sicherung seiner Hadamarschen Erwerbungen benutzt, lag seine wesentlichste territorialpolitische Bedeutung jedoch darin, dass es Hessen den Weg an die untere Lahn öffnete. Hier hat es dann 1436 in Realisierung eines alten Lehnsanspruches auf ein Drittel an Limburg vom Erzbistum Trier eine Pfandschaft an dieser wichtigsten Stadt des unteren Lahngebietes erworben. Weiter gemeinsame politische Interessen vor allem im Verhältnis zu Trier führten schließlich 1446 zum Verlöbnis der Katzenelnbogener Gräfin Anna mit Landgraf Heinrich III von Hessen nachdem Landgraf Ludwig seinem Sohn auf Verlangen Graf Philipps von Katzenelnbogen seinen selbständigen Anteil an der Landgrafschaft Hessen zugesichert hatte. Anna und Heinrich heirateten 1457, nachdem Anna 1453 als einziges überlebendes Kind Graf Philipps des Älteren von Katzenelnbogen Erbtochter der Grafschaft geworden war.
Dieses Erbe war um so kostbarer als schon Graf Philipps Vater Graf Johann IV der 1402 die beiden katzenelnbogener Linien wieder vereinigt hatte, sehr erfolgreich im weiteren Ausbau der Grafschaft gewesen war. Ihm verdankte sie bedeutende territoriale Gewinne gegenüber dem Erzbistum Mainz im vorderen Odenwald, den Grafen von Sayn und von Isenburg-Büdingen in der Dreieich, den Herren von Wolfskehl im hessischen Ried, den Grafen von Nassau in der Grafschaft Hadamar und den Herren von Westerburg in der Herrschaft Schaumburg an der unteren Lahn. Auf seine Initiative ging auch die endgültige Begründung des Wetterauer Grafenvereins 1422 zurück, in dem Graf Johann und sein Sohn Philipp auf Grund ihrer weitreichenden politischen Beziehungen und ihrer überlegenen Finanzkraft von Anfang an führend waren. Das kam naturgemäß wieder ihrem allgemeinen Ansehen zugute und verschaffte ihnen einen weit über die Grafschaft hinausgreifenden politischen Einfluß. Auf dieser Grundlage konnte Graf Philipp der Ältere von Katzenelnbogen noch größere Erfolge erzielen, denn es glückte ihm nicht nur, von den rheinischen Kurfürsten große Zollpfandschaften am Rhein zu erwerben, sondern auch 1444 bzw 1453 auch sich in den lange erstrebten Mitbesitz der Grafschaft Diez einzukaufen und damit die Hadamarer Grafschaftsteile wesentlich auszudehnen. Außerdem gelang es ihm 1457 bzw 1478 umfangreiche eppsteinische Gebiete im Taunusvorland und in der Wetterau an sich zu ziehen und 1458 und 1461 in den Mitbesitz der trierschen Herrschaft Limburg/Molsberg einzudringen.
Der in dieser stetigen und erfolgreichen Erwerbspolitik klar zutage tretende Reichtum des Hauses gründete auf den doppelten Fundamten einer gepflegten und sorgfältig verwalteten Grafschaft und einem umfassenden Besitz an Rheinzöllen. Sie verschafften den Grafen durch ihre beträchtlichen Bargeldeinkünfte ständig flüssige Geldmittel und damit eine überlegene finanzielle Stellung. Hauptverwaltungssitz – zuerst der älteren Linie, dann der wiedervereinigten Grafschaft – war die Burg Rheinfels über St. Goar, neben der Darmstadt als jüngere Residenz und Mittelpunkt der Obergrafschaft den zweiten Platz zu behaupten verstand. Die im frühen 15. Jahrhundet bereits völlig durchgebildete Grafschaftsverwaltung gliederte sich in 24 Kellereibezirke und in die zusammenfassenden drei Landschreibereien Hohenstein, Darmstadt und Hadamar. Daneben stand unabhängig die große Rheinzollverwaltung in Rheinfels, die schließlich einen systematisch ausgebauten rheinischen Zollbesitz umfaßte, der von Gernsheim über Mainz, Ehrenfels, St. Goar, Boppard, Rhens, Rolandseck, Linz, Bonn und Düsseldorf bis nach Lobith an der holländischen Grenze reichte. Es kennzeichnet den daraus hinreichend erklärlichen sprichwörtlichen Reichtum des Katzenelnbogener Grafenhauses, dass es in der Reichssteuerliste von 1422 in der 86 Namen umfassenden Gruppe der Grafen und Herren an vierter Stelle steht und in der Liste von 1431 in seiner jetzt 77 Namen zählenden Gruppe nur noch von Württemberg übertroffen wurde. Als daher der letzte Katzenelnbogener Graf Philipp der Ältere 1422 in diese Haus einheiratete, brachte ihm seine Braut Anna von Württemberg eine Mitgift ein, wie sie selbst die Katzenelnbogener bis dahin niemals erhalten hatten. Sie belief sich außer einer kostbaren Brautausstattung deren Verzeichnis erhalten ist auf 32 000 Gulden und betrug damit das Achtfache der bis dahin üblichen Mitgiften von 4000 Gulden. Wie sehr es Graf Philipp verstand, seinen ererbten und erheirateten Reichtum zu mehren, ergibt sich daraus, dass er 1457 seiner Tochter Anna bei ihrer Heirat mit Landgraf Heinrich III von Hessen 52000 Gulden und damit die höchst Brautgabe zuwandte, die jemals ein mittelalterlicher hessischer Landgraf erheiratet hat. Das Bezeichnende daran ist aber, dass Graf Philipp nicht etwa genötigt war, mit dieser Summe sein Land zu belasten, denn schon damals wurde es üblich, die herrschaftlichen Mitgiften von der Bevölkerung durch eine besondere Fräuleinsteuer einzufordern. Er konnte sie vielmehr aus seinem Kapital anweisen und zum größten Teil mit fünf Pfandbriefen der rheinischen Kurfürsten finanzieren: mit zwei kurtrierischen Pfandverschreibungen auf dem Bopparder Zoll in Höhe von 10 000 Gulden, zwei kurkölnischen Pfandbriefen auf Rhens und Rolandseck in Höhen von 16000 Gulden und einer kurpfälzischen Pfandverschreibung auf dem Bopparder Zoll in Höhe von 6000 Gulden.
Diese Zahlungsart kennzeichnet zugleich die Tatsache, dass die katzenelnbogener Grafen aus ihrer ursprünglichen Stellung von mittleren Vasallen der rheinischen Kurfürsten im 15. Jahrhundert zu ihren größten Gläubigern aufgestiegen waren, und macht es verständlich, dass der Kaiser schließlich die Grafschaft einem König (Georg von Böhmen) zuwenden wollte. Die Größe des Objektes erklärt aber auch, dass nach der Hochzeit Landgraf Heinrichs III von Hessen mit der Katzenelnbogener Erbtrochter Anna das Katzenelnbogener Erbe die hessische Politik maßgeblich beeinflußt hat. Das gilt insbesondere für die Mainzer Stiftsfehde 1461 wie für den Kölner Bistumsstreit und die Neußer Fehde 1474. In der Mainzer Stiftsfehde war die Stellungnahme Landgraf Heinrichs durch die Verbindung seines Schwiegervaters Philipps von Katzenelnbogen mit Erzbischof Diether von Mainz bestimmt, und im Kölner Streit galt es einem Bruder des Landgrafen die Anwartschaft auf den Kölner Erzstuhl zu sichern und damit einen zuverlässigen Bundesgenossen bei der Übernahme der von allen Seiten beanspruchten Katzenelnbogener Erbschaft zu gewinnen. Denn solche Ansprüche erhoben nicht nur die Erzbischöfe von Mainz und Trier und die Pfalzgrafen, sondern insbesondere auch der Kaiser. Vor allem aber erreichten es die nassau-dillenburger Grafen mit Unterstützung der Landgrafschaft noch in letzter Stunde, Graf Philipp den Älteren zu einer zweiten Heirat mit einer nassauer Gräfin zu bewegen und dadurch ihren Einfluß auf die Geschicke der Grafschaft in gefährlicher Weise zur Geltung zu bringen. Da diese Ehe des alten Grafen jedoch kinderlos blieb konnten alle Bedrohungen der hessischen Anwartschaft durch die hervorragende Politik Graf Philipps und des hessischen Hofmeisters Hans von Dörnberg abgewehrt werden. Landgraf Heinrich III von Hessen vermochte vielmehr die Grafschaft 1479 ungeschmälert in seinen Besitz zu bringen nachdem er bereits 1470 die Verwaltung der Obergrafschaft Darmstadt vorsorglich erhalten hatte.
Damit hatte Hessen eine Position bezogen, deren außerordentliche Bedeutung sich erst im kommenden Reformationjahrhundert voll ausgewirkt hat. Denn ohne den Besitz der Katzenelnbogener Grafschaft inmitten der großen rheinischen Erzbistümer und ohne die beherrschende katzenelnbogische Stellung am Rhein und seinen Hauptzollstätten erscheint die führende Rolle Hessens in der Reformation aus territorialen, finanziellen und machtmäßgen Gründen ausgeschlossen. Damals lief daher die katzenelnbogener Machtstellung am Rhein erst zu ihrer vollen Größe auf, und daraus erklärt sich, dass Hessen um ihre Behauptung wie um keine andere Erwerbung gerungen hat, als sie ihm das nassauer Grafenhaus im Bunde mit dem Kaiser im Katzenelnbogener Erbfolgestreits abnehmen wollte. Der große Zug und der Höhenflug der politischen Geschichte des katzenelnbogener Grafenhauses zeichnet auch das kulturelle Leben seines Hofes aus. Kein anderes Geschlecht des Mittelrheingebietes hat wehrtechnisch und künstlerisch so vollendete Burgen geschaffen wie die Katzenelnbogener. Das bezeugen uns noch heute die Ruinen von Hohenstein, Burgschwalbach, Rheinfels, Lichtenberg und insbesondere die einzigartige Burganlage von Reichenberg. Eine Schatzkammer der spätmittelalterlichen rheinischen Großplastik waren die im 19. Jahrhundert leider zumeist zerstörten Grabdenkmäler der Katzenelnbogener aus ihrer fast fürstlichen Grablege im südlichen Seitenschiff der machtvollen Zisterzienserkirche Eberbach im Rheingau. Aber auch die in ihrem Auftrage geschaffenen Malereien des bornicher Altars und der Stiftskirche in St. Goar verdienen genannt zu werden. Eine Kostbarkeit nach Inhalt und Ausstattung war ihre Bibliothek. Deren Inverntare weisen nämlich neben der üblichen spätmittelalterlichen Unterhaltungs- und Erbauungsliteratur vor allem auch die großen Werke der mittelhochdeutschen Klassik auf, wobei einige besonders kostbar ausgestattete Handschriften nicht nach ihrem Titel sondern nach ihrem Einband und ihrer Ausstattung benannt werden. Den Schätzen ihrer Bibliothek waren die ihres Silber- und Kleinodienbesitzes gemäß und diesen wiederum entsprachen ihre Gold-, Silber- und Seidenstickereien, die uns die Schloßinventare überliefern. Dazu haben wir eingehende Nachrichten über ihre weit über Deutschland hinausreichenden politischen Beziehungen, ihre weiten Züge, Fahrten und Reisen bis nach Litauen und nach Ägypten und ihre Turniere, Jagden und Beizen für die ihnen die Falkner des Deutschen Ordens jährlich aus Preußen Falken und Hunde brachten. Das schönste Zeugnis der Kultur der Katzenelnbogen Grafen bieten jedoch die Nachrichten über die Rolle und Pflege von Dichtung und Musik an ihrem Hofe. Mit ihnen verbinden sich nicht nur die Namen spätmittelalterlicher Dichter, Sprecher, Sänger, Instrumentalisten, sondern vor allem auch die der großen mittelhochdeutschen Dichter, voran Walthers von der Vogelweide. Wenn man alle die Zeugnisse 1214, die sich zu einer solch hell aufleuchtenden Blüte der spätmittelalterlichen höfischen Kultur zusammenfügen, in ihrem durch dieJahrhundete zwar gedämpften, aber immer noch ungebrochenen Glanze bis zu uns herüberleuchten sieht, dann begreift man die Anfangzeilen von Herrn Walters Spruch: „Ich bin dem Bogener holt

 

(von Karl. E. Demandt)

 

 

 

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